Kapitel 17
(Juli 2002):

"Dänemark" steht für "Doggies"


Das machte mich nervös: alle diese Schachteln und Taschen und Koffer, die da im Haus standen. Schließlich wurde sogar meine Transportkiste zerlegt und ich wurde auf dem Rücksitz meines Autos angeschnallt. Das waren nun wiederum gute Zeichen. Schließlich kriegte ich mit: Wir fahren zum Urlaub nach Dänemark!

Seit Tante Sarabeth und Tanya angekommen waren, war ich im Menschenhüten ziemlich gut geworden. Trotzdem war es ein hartes Stück Arbeit, die beiden Autos auf der Autobahn zusammenzuhalten. Ein paar Mal sind mir die anderen entwischt, aber mit dem Handy hab ich sie immer wieder zusammen bekommen.

Schließlich bogen wir auf den Parkplatz vor dem wunderbaren rethgedeckten Haus bei Søndervig ein, das Daddy für unseren Strandurlaub an der Westküste von Dänemark gebucht hatte, ein Paradies für Hunde! Die Schachteln, Taschen und Koffer und meine Kiste folgten uns ins Haus. Aha, wir wollten wir also bleiben.

Dann wurde mir meine zitronengelbe Schwimmweste umgeschnallt und Daddy rief, "Zum Strand, Gráinne!" Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen und kam sogar vor ihm dort an. Da erstreckte sich ein kilometerlanger Strand, auf dem ich nun jeden Tag ohne Hundeleine toben konnte. Aber wo waren die Seemöven? Es gab keine, die ich jagen konnte und nur wenige von den Hunden schienen zu wissen, wie man "Kriegen" spielt. 

Wenigstens hatte ich Glück, dass Daddy mit da war, und die Wellen spielten auch so eine Art  "Kriegen" mit mir. Sie schnappten mich aber selten höher als bis zu den Knöcheln, dann war ich schon aus dem Wasser heraus. Man nennt mich schließlich den Wheatenblitz von Bramstedt!

Meistens konnte ich meine kleine Herde unter Kontrolle halten. Wenn die Sonne schien und Sarabeth und Tanya sich in die Wellen stürzten, wurde mein Job schon schwieriger. Die Wellen sprangen mir beim Retten hoch bis über meinen Rücken; aber ich musste tapfer sein, denn es gab keine Lebensretter am Strand.

Nach drei Tagen Toben und Ruhen am Strand stiegen wir alle wieder in Gráinnes Auto, dieses Mal ohne meine Kiste. Aha, nur ein Ausflug. Nach vier Stunden Dösen auf Knien auf den Hintersitzen waren wir in der großen Stadt Kopenhagen, wo ich mir bei einem ausgedehnten Stadtbummel beinahe die Haut von den Pfoten lief.

"Ein Wheaten!" hörten wir plötzlich zwischen der "Kleinen Meerjungfrau" und dem königlichen Palast und alle meine menschlichen Begleiter spitzten gleichzeitig die Ohren. Eine Wheatenmami aus Ontario hatte das gerufen, und ich wurde alsbald getätschelt und half der kanadischen Dame, mit ihrer Sehnsucht nach ihrem eigenen Tier fertig zu werden.

Abends gingen Daddy und ich zu einer Parkgarage, um mein Auto zu holen. Daddy legte meine Decke rein und ich sprang gleich hinterher. Aber da schloss Daddy die Klappe und ging wieder weg. Waaaaas? Ihr wollt ohne mich zum Tivoli gehen? Hab ich Euch nicht bewiesen, wie gut ich mich in einer Menschenmenge benehmen kann? Ich kann's nicht fassen, wie leicht er mich ausgetrickst hat. Auch meine traurigen Augen und mein langes Gesicht (und darauf verstehe ich mich!) ließen ihn sich nicht schuldig genug fühlen, seine Meinung zu ändern, und so kam er erst nach Mitternacht zurück, um mich mit ins Hotel zu nehmen. Wenigstens vergaß er dabei die Hundedecke, so dass ich auf einer ihrer Regenjacken schlafen konnte (mitten in der Nacht habe ich mich dann aber auf eine Bettdecke gelegt, die von ihren Betten heruntergefallen war).

Am nächsten Morgen fuhren wir dann zum Flughafen in Kopenhagen, aber nur drei von uns kamen zurück. Oh-oh, da hatte ich die Hälfte meiner Herde verloren, denn Tante Sarabeth und Tanya flogen von dort nach Hause. Hoffentlich verliere ich Looser jetzt nicht meinen Job!

Wenigstens hatte ich eine gute Gelegenheit zu zeigen, wie gut mein GPS funktioniert. Nach dem 1 1/2-tägigen Kopenhagentrip erkannte ich die Abzweigung zu unserem Haus in Søndervig sofort wieder, wie ich auch nach einem stundenlangen Spaziergang am Strand immer die Stelle gefunden habe, wo wir auf den 5-Minuten-Weg zurück zum Haus gelangten ebenso wie die Wildrosenhecke, hinter der unser Haus lag. Ich fand auch immer den Weg zu unseren Nachbarn aus Hamburg und den Napf, der ihrem Hund Timmy gehörte und den ich immer blitzblank geputzt habe. Der 15-jährige Timmy zeigte sich als guter und geduldiger Verlierer.

Die Auszeichnung für den besten Hund am Strand geht natürlich an Gráinne na Dun na nGall. Zweiter wurde ein Golden Retriever, der wie die kleine Meerjungfrau in den Wellen spielte. Er verführte mich sogar dazu, so weit ins Wasser zu kommen, bis die Wellen über meinen Rücken schlugen. In dem Augenblick hatte ich natürlich meine Schwimmweste gerade nicht angezogen.

Der dritte Platz geht an zwei Irish-Setter-Brüder, Max und Moritz. Die spielten mit mir "Zwei-gegen-Einen- Kriegen" und brachten mich ganz schön außer  Atem. Als ich aber merkte, dass Moritz wasserscheu war, nutzte ich das schamlos aus und rettete mich immer in die Wellen. Der Preis für den schönsten Hund (nach mir) geht an Toni aus Annaberg im Erzgebirge, eigentlich aber aus Griechenland, von wo er mal gerettet wurde. Toni ist eine Mischung aus Schäferhund und Briard und riesig nett. Sein Dad hat die größten Goodies am Strand.

Mein Vokabular umfasst nun zwei neue Wörter: "Strand" und "Kein Picnic!". Das erste Wort erklärt sich von selbst und bedeutet "Sand", "Wasser", "Laufen", das zweite vernimmt man immer dann, wenn ich auf eine andere Gruppe von Urlaubern und ihre nahrhaften Mitbringsel treffe. Aber dann bin ich natürlich erstmal taub und schnuppere eine Runde an ihren Taschen.

Eines Tages habe ich Mami ein neues Spiel beigebracht: Sie geht ins Wasser, einen kleinen Schritt weiter als ich noch gut stehen kann, und ruft mich zu ihren ausgestreckten Händen. Ich bewege mich dann zentimeterweise vorwärts, bis mich eine Welle trifft, ich zurückspringe und wie eine Wilde belle. Einmal habe ich ihre Fingerspitzen sogar erreicht. Touchdown!

Ich tue mein Bestes, um Mami und Daddy und alle anderen am Strand gut zu unterhalten. Das macht einen Wheatie ganz schön müde. Deshalb gebührt mir auch die Ehre, auf Mamis Handtuch unter dem Sonnenschirm liegen zu dürfen und zu schlafen, während Mami im nackten Sand neben mir liegt.

Meine neueste Sportart kann keinen überraschen, der weiß, dass schon immer jede Böschung und jede Schlucht mein war. Die neue Sportart nenne ich "Dünensausen". Zuerst trotte ich vom Strand aus an den Fuß einer möglichst hohen Düne und steige hinauf, halte dabei auf halbem Wege an, umsicher zu sein, dass Mami und Papi mich auch beobachten.

Wenn ich dann oben angekommen bin, genieße ich für eine Weile den Ausblick, schnüffele die salzige Luft und versuche, ganz allgemein einen souveränen und zufriedenen Eindruck zu machen. Dann laufe ich ein kleines Stück oben auf dem Dünenkamm entlang und verschwinde immer wieder für kurze Zeit in den Ausbuchtungen, dabei mich immer wieder versichernd, dass Mami und Daddy mich sorgfältig beobachten. Plötzlich stürze ich mich dann wie ein kleiner Teufel den Hang hinunter, wie der Blitz quer über den ganzen Strand, um dann nach einer Vollbremsung zu einem perfekt auskalkulierten Stillstand direkt vor ihren  Füßen zu kommen. Das bringt immer große Bewunderung und ein Stück Tunfischkeks ein. Mami nennt mich dann schon mal "Angeber" und Papi sagt dann "Bergziege" zu mir.

Der einzige große Nachteil eines Strandurlaubs ist das ständige Kämmen und Bürsten, zumal Mami im Urlaub alle Zeit der Welt hat, um sich meinen Verfilzungen zuzuwenden - und ich kriege davon eine ganze Menge beim  Baden im Salzwasser. Zum Ausgleich gibt es ein ausgedehntes Bauch- und Nackenkraulen. Schön!

 

Nee, ich glaube nicht, dass ich schon nach Hause will. Ich werde bleiben, bis jemand kommt und die Wellen ab- stellt.

 

 

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